August Macke
Bonn, Deutschland
Gesang von der Schönheit der Dinge.03.01.1887
26.09.1914
„Es geht wie der Teufel, und ich bin in einer Arbeitsfreude, wie ich sie nie gekannt habe“, schreibt August Macke im April 1914 an seine Ehefrau Elisabeth. Der Maler befindet sich mit seinen Künstlerfreunden Paul Klee und Louis Moilliet auf einer Studienreise in Tunesien. Die rund zweiwöchige Tunisreise wird in die Kunstgeschichte eingehen. Macke ist auf dem Höhepunkt seines Kunstschaffens, es entstehen Bilder voll leuchtender Farbigkeit und Heiterkeit. Wenige Monate später ist der 27-Jährige tot, gefallen sieben Wochen nach Kriegsbeginn auf den Schlachtfeldern an der Westfront und beerdigt in einem Sammelgrab in der Champagne.
Macke hatte in den letzten Vorkriegsjahren zu seinem ganz persönlichen Stil gefunden. In seiner kurzen Schaffenszeit hatte er sich, inspiriert vor allem von der französischen Avantgarde, vom Impressionismus zum Expressionismus hin entwickelt, war im künstlerischen Austausch mit Robert Delaunay, Max Ernst, Gabriele Münter, Franz Marc und vielen anderen. Immer aber verfolgte er selbstbewusst seinen eigenen Weg. Er brach die Schule ab und verließ vorzeitig die ihm langweilig und verstaubt erscheinende Ausbildung an der Düsseldorfer Kunstakademie. Am Düsseldorfer Schauspielhaus gefiel es ihm besser, er entwarf Bühnenbilder und Kostüme. Aber auch das Angebot zu einer dortigen Festanstellung schlug er aus. Ihn trieb es ins freie Künstlertum, keine Zeit sollte mit falschen Kompromissen verloren gehen. „Er war breit und groß, mit gesundem und lachendem Gesicht. Seine Gestalt, Gesicht, Stimme füllten unser Zimmer ungewohnt aus“, so beschrieb ein Freund den 19-Jährigen. „Mit Kraft und Lebenslust, deren wir selbst genug zu haben dachten, hat er uns überschüttet.“
Auch in der Liebe war August Macke klar und entschieden. Mit 16 Jahren hatte er in Bonn die 15-jährige Fabrikantentochter Elisabeth Gerhardt kennengelernt, 1909 heirateten die beiden. Sein „zweites Ich“ nannte er sie und porträtierte sie in Hunderten von Bildern. Nach der Hochzeitsreise und dem Aufenthalt am oberbayerischen Tegernsee, der die voreheliche Schwangerschaft diskret verbergen sollte, zog das Paar mit dem neugeborenen Sohn Walter zurück ins Rheinland. Von Elisabeths Familie wurde ihnen ein dreistöckiges, spätklassizistisches Haus auf dem Fabrikgelände der Gerhardts zur Verfügung gestellt. Es lag am damals noch ländlich geprägten Stadtrand von Bonn.
Im Dachgeschoss richtete sich Macke seinen Arbeitsbereich ein, „das Atelier, das ist das Wichtigste. Gerade wie eine Fabrik Maschinen, eine Pfeife Tabak, so brauche ich zunächst ein Atelier.“ Der Raum entstand nach seinen Vorstellungen, großzügig und hell. Im Februar 1911 bezog die kleine Familie das Wohn- und Atelierhaus, das „wir uns ganz einfach, aber sehr licht und freundlich hergerichtet haben, mit wenigen Möbeln, aber umso mehr Bildern, die alle Zimmer so bunt und froh machen“, schrieb Elisabeth. Auch Mackes kunstgewerbliche Arbeiten fanden darin ihren Platz. Er bemalte Porzellan und entwarf Stickvorlagen für Kissen, Wandbehänge und Sesselbezüge.
August Macke fühlte sich augenscheinlich wohl in Bonn. „Mir ist dieser Teil der Stadt ganz außerordentlich lieb.“ Es waren wenige, aber produktive Schaffensjahre. Seine Bilder verkauften sich allerdings nur spärlich, die Familie, die 1913 durch einen zweiten Sohn ergänzt wurde, konnte nur dank Elisabeths väterlichem Erbe sorglos leben. „Im Übrigen bringt die Malerei immer so viel ein, dass es besser wäre, man faulenzte“, klagte Macke. Dabei war er kunstpolitisch äußerst aktiv, gut vernetzt und organisierte Ausstellungen zur Kunstmoderne. „Er kann riesig fein Reklame machen“, attestierte ihm Kandinsky, und „ist geschickt im Auftreten.“
„Diese raumbildenden Energien der Farbe zu finden, statt sich mit einem toten Helldunkel zufrieden zu geben, das ist unser schönstes Ziel“, so Macke über die neue expressionistische Kunstsprache und zugleich wohl ein Seitenhieb auf vergangenheitsselige Maler wie Franz von Lenbach und seinesgleichen. Auch an den beiden Ausstellungen des „Blauen Reiter“ beteiligte sich Macke, distanzierte sich aber mehr und mehr vom spirituell-theoretischen Anspruch Kandinskys, dessen Weg in die reine Abstraktion er nicht mitgehen wollte. Macke blieb den Dingen dieser Welt verhaftet. Seine Szenerien zeigen das unmittelbare Leben um ihn herum, häusliche Gegenstände, Gärten, Landschaften, Kinder, Mädchen, Spaziergänger, Frauen vor Schaufenstern, Tiere im Zoo – ein „Gesang von der Schönheit der Dinge.“ Seine Bildwelten strahlen in ihrer kraftvollen Farbigkeit eine friedvolle Daseinsfreude aus, Natur und Mensch wirken in Harmonie verbunden. Wohl nicht zufällig entstand 1912 an der Atelierwand das zimmerhohe Paradies-Fresko, ein Gemeinschaftswerk von August Macke und Franz Marc.
Franz Marc verfasste 1914 auch den Nachruf auf seinen Freund: „Mit seinem Tode knickt eine der schönsten und kühnsten Kurven unserer deutschen künstlerischen Entwicklung jäh ab; keiner von uns ist imstande, sie fortzuführen.“ Besonders sei es die Farbe, mit der Macke „von uns allen den hellsten und reinsten Klang gegeben, so klar und hell wie sein ganzes Wesen war.“ Zwei Jahre später fiel auch Franz Marc dem Krieg zu Opfer. Den Nachruf schrieb Paul Klee.