Rembrandt van Rijn
Amsterdam, Niederlande
Wähle nur einen Meister – die Natur.15.07.1606
04.10.1669
Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Als der niederländische Maler Rembrandt Harmenszoon van Rijn 1631 aus seiner Heimatstadt Leiden nach Amsterdam übersiedelte, traf er auf eine wirtschaftlich und kulturell boomende Handelsmetropole. Man lebte im sogenannten „Goldenen Zeitalter“. Die niederländischen Kaufleute waren durch weltweiten Handel zu enormem Reichtum gelangt und legten zunehmenden Wert auf Status und Repräsentation. Man sammelte Bilder, der Kunstmarkt florierte, man gab Unmengen von Porträts in Auftrag. Und Rembrandt, der schon bald nur noch mit seinem Vornamen signierte, hatte sich schnell zu einem der gefragtesten Porträtisten der Stadt hochgemalt.
Dem Sohn eines Müllers und einer Bäckerstochter war in Windeseile der gesellschaftliche Aufstieg gelungen. Die Liebesheirat 1634 mit der wohlhabenden Bürgermeisterstochter Saskia van Uylenburgh und der Erwerb eines vornehmen Stadthauses krönten schließlich seine Karriere.
Rembrandt lebte von 1639 bis 1658 in diesem stattlichen Amsterdamer Backsteingebäude. Der damalige Zustand wurde anhand von historischen Inventarlisten und Zeichnungen rekonstruiert, sodass wir heute einen guten Eindruck vom aufwendigen Lebensstil des Malers bekommen können. Im Erdgeschoss lagen die Küche und die Geschäftsräume, denn Rembrandt betrieb zusätzlich einen Kunsthandel mit eigenen und fremden Bildern. Viele Zimmer, vor allem der Wohn- und Schlafbereich des Hausherrn, waren mit wertvollen Gemälden und Möbeln ausgestattet. Die Ateliers, sein eigenes und die seiner Schüler, lagen im Dachgeschoss. Man schlief in Schrankbetten nahe am Kamin, eigene Schlafzimmer gab es nicht zu jener Zeit.
Doch schon bald begann sich Rembrandts persönliches „Goldenes Zeitalter“ zu verdüstern. Während der Arbeit an einem seiner berühmtesten Gemälde, der „Nachtwache“, verstarb seine knapp 30-jährige Frau Saskia vermutlich an Tuberkulose. Vier Kinder hatte sie ihm geboren, drei waren früh verstorben, nur der Sohn Titus erreichte das Erwachsenenalter. Lange Zeit zog sich Rembrandt in die Trauer zurück, sein Kunstschaffen erlahmte. Dann kam es zur gerichtlichen Auseinandersetzung mit Geertje Dircx, deren Platz als Haushälterin und Geliebte von der jüngeren Hendrickje Stoffel eingenommen worden war und die den Maler daraufhin wegen eines angeblichen Heiratsversprechens verklagte. Schließlich das finanzielle Desaster. Rembrandt war gezwungen, das Haus zu verkaufen. Vor allem seine kostspielige Sammelleidenschaft hatte ihn an den Rand des Bankrotts geführt. Er war besessen von seltenen exotischen Objekten, sei es aus der Natur oder von Menschenhand. Sie waren für ihn zugleich Statussymbol wie auch Studien- und Inspirationsquelle für sein Schaffen. Diese beeindruckende Kunst- und Raritätensammlung ist heute ebenfalls im Haus zu bewundern.
Rembrandt gilt als empathischer Beobachter. Sein Malerblick scheint sich regelrecht in die menschliche Seele einzugraben. Ihm ging es um die Darstellung des wirklichen, ungeschönten Lebens sowohl in den Porträts als auch in den Werken mit biblischen und mythologischen Szenen. „Wähle nur einen Meister – die Natur“, war sein Credo. Auch in seinen zahlreichen Selbstbildnissen erforschte er unermüdlich sein eigenes Gesicht in verschiedenen Lebensstadien und Stimmungen. Darüber hinaus war er ein begnadeter Radierer. Über die Vervielfältigung der Druckgrafiken kam zusätzliches Geld in die Kasse. Albrecht Dürer, eines seiner Vorbilder, war ihm auch hier vorangegangen.
Bis heute ist der Umfang von Rembrandts Werk nicht abschließend geklärt. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die Aussage des ehemaligen Berliner Museumsdirektors Wilhelm von Bode, Rembrandt habe „700 Bilder gemalt, von denen 3000 erhalten sind.“ Heute gelten rund 350 Gemälde als echte Rembrandts. Viele Werke wurden zwischenzeitlich seiner Schülerschar zugeschrieben, die der Meister in seinem Haus unterrichtete und in den Schaffensprozess einbezog.
Sein letztes Lebensjahrzehnt verbrachte Rembrandt in bescheidenen Verhältnissen. Nach dem Pesttod von Titus und Hendrickje wurde es einsam um ihn. Zwischenzeitlich war der idealisierende Klassizismus in Mode gekommen, doch Rembrandt folgte unbeirrt seinem künstlerischen Eigensinn. Bis zu seinem Tod entstanden Meisterwerke wie etwa die „Jüdische Braut“, von der Vincent van Gogh im Amsterdamer Rijksmuseum angeblich so fasziniert war, dass er gegenüber einem Freund bekannte, er würde zehn Jahre seines Lebens dafür hergeben, wenn er vierzehn Tage mit etwas trockenem Brot vor diesem Bild sitzen dürfte.