Halldór Laxness
Mosfellsbaer, Island
Die Poesie ist die Lebensader eines Volkes durch seine ganze Geschichte hindurch.23.04.1902
08.02.1998
Ein schneeweißer Solitär inmitten einer kargen isländischen Landschaft. So wirkt das unweit von Reykjavik gelegene Haus des isländischen Schriftstellers und Nobelpreisträgers Halldór Laxness schon von weitem. Beim Näherkommen taucht der dekorativ vor der Garage geparkte weiße Jaguar des ehemaligen Hausherrn auf, hinter dem Haus erstreckt sich der Pool der Familie.
Halldór Laxness, der ganz in der Nähe seine Kindheit verbracht hatte, bewohnte Haus Gljúfrasteinn seit seiner Fertigstellung im Jahr 1945 mit seiner Frau Audur Jónsdóttir und seinen Kindern. Die Spuren seines Lebens sind noch immer greif- und fühlbar. Da sind die winzigen Bleistiftstummel in seinem Arbeitszimmer, mit denen er sich auf seine täglichen Spaziergänge aufmachte, um ja jeden wichtigen Gedanken sogleich festhalten zu können. Da sind die Gemälde isländischer und skandinavischer Künstler und die zuhauf angesammelten Erinnerungsstücke von zahllosen Reisen. Da sind Bücher über Bücher, aufgereiht an den Wänden und gestapelt auf Tischen und Fensterbänken. Laxness selbst hat in seinem langen Leben über sechzig Bücher geschrieben, in denen sein Blick immer wieder seinen Landsleuten, vor allem den sogenannten kleinen Leuten, galt, unter denen er aufgewachsen war und die er tagtäglich vor Augen hatte: „Die Poesie ist die Lebensader eines Volkes durch seine ganze Geschichte hindurch.“
Viele Stunden verbrachte Laxness an seinem Flügel im Wohnzimmer. Er erzählte einmal, dass er immer in gleicher Weise reagiere, wenn er mit der bekannten Frage konfrontiert werde, welches Buch er auf eine einsame Insel mitnähme: „Ohne einen Anflug von Zweifel antwortete ich dann: Das wohltemperierte Klavier von Bach.“
Die alte Standuhr im Eingangsbereich scheint den Takt dieses stillen Hauses vorzugeben – in der „Gemächlichkeit von Kühen“, so kam es Laxness vor. Die Natur und ihre Jahreszeiten spielen die Hauptrolle in dieser Abgeschiedenheit, weit und breit gibt es hier nichts anderes. Durch große Panoramafenster sind das weite Mosfellstal, die Berge und der direkt neben dem Haus verlaufende Gebirgsbach Kaldakvísl Teil des häuslichen Lebens.
Seine ideologischen Kapriolen zwischen Katholizismus, Kommunismus und Humanismus sind bekannt und haben viele Kritiker auf den Plan gerufen. Trotzdem ist Laxness – gemäß einem seiner Buchtitel – immer „sein eigener Herr“ geblieben.