Markus Sittikus von Hohenems

Salzburg (Schloss Hellbrunn), Österreich

Foto: Schloss Hellbrunn (Ausschnitt)

Eine göttliche Macht verbindet selbst das Gegensätzliche.

24.06.1574

09.10.1619

www.hellbrunn.at

In Hellbrunn begegnet man auf Schritt und Tritt seinen Spuren: Fürsterzbischof Markus Sittikus von Hohenems. Doch misst man ihn allein daran, wird man seiner Person nicht wirklich gerecht. Ursprünglich umfasste die Hellbrunner Anlage nämlich einerseits den „weltlichen“ Bereich mit Schloss und Park und andererseits den heute nicht mehr existenten „sakralen“ Bereich mit Kapellen und Einsiedeleien. Beide Seiten gehörten untrennbar zum barocken Weltbild des Markus Sittikus. “Numen vel dissita iungit“ (Eine göttliche Macht verbindet selbst das Gegensätzliche) lautete demzufolge auch sein Wahlspruch. Weltliche Lustbarkeit und spirituelle Einkehr, Carpe diem und Memento mori, Diesseits und Jenseits, prägten die Lebenshaltung des Salzburger Erzbischofs.

Und sie prägten auch seine Hellbrunner Architekturpläne. 1613, schon bald nach seinem Amtsantritt, gab Markus Sittikus den Bau eines Landsitzes vor den Toren Salzburgs in Auftrag.  Als Vorbilder dienten ihm dabei die Villa d’Este in Tivoli und die Villa Aldobrandini in Frascati. Sittikus galt als Bewunderer der italienischen Villen- und Gartenarchitektur, die er aus eigener Anschauung gut kannte. Denn den Großteil seiner Kindheit und Jugend hatte er in Italien verbracht, wo es familiäre Bindungen zu den bekannten Adelshäusern Medici und Borromeo gab.

Markus Sittikus, den seine jung verstorbene Mutter als „dolce“ beschrieben hatte, war schon früh für die geistliche Laufbahn bestimmt worden. Nach mehreren Stationen in geistlichen Ämtern wählte ihn das Domkapitel 1612 zum Erzbischof von Salzburg und damit zum Nachfolger seines abgesetzten Vetters Wolf Dietrich von Raitenau. Obwohl er sich entschieden für die Gegenreformation einsetzte, gelang es Markus Sittikus, sehr zum Missfallen von Herzog Maximilian von Bayern, Salzburg aus dem Dreißigjähriger Krieg herauszuhalten. Ihm lag vielmehr daran, seine Residenzstadt im Stil des Frühbarock weiter auszugestalten. Hellbrunn und der Neubau des Salzburger Doms unter dem oberitalienischen Hofbaumeister Santino Solari galten als seine wichtigsten Bauprojekte.

Hellbrunn war als Lust- und Jagdschloss geplant. Markus Sittikus wollte seine Gäste beeindrucken und bespaßen. Und das funktioniert bis heute. Ganz im Stil des Manierismus lauern überall Überraschungs- und Schreckeffekte. Der weitläufige Park mit seinen Skulpturen, Brunnen und Bassins steckt voller verborgener Röhren, aus denen urplötzlich Wasserstrahlen schießen – aus dem Boden, den Decken, den Wänden, ja sogar aus Hirschgeweihen und Löwenmäulern. Völlig zurecht gelten die Wasserspiele, angetrieben durch ein raffiniertes mechanisches und hydraulisches System, als die weltweit besterhaltenen Wasserspiele der Spätrenaissance. Am bekanntesten ist wohl der Fürstentisch, eine steinerne Tafel mit zehn steinernen Hockern. Auch hier trieb der Erzbischof seinen Schabernack mit der Hofgesellschaft. Auf seinen Wink hin setzte ein Lakai den Hebel in Gang und sogleich quoll von unten Wasser aus den Hockern hervor. Nur der Sitz des Gastgebers blieb natürlich trocken. Wollten die Gäste dann das Weite suchen, versperrte ihnen eine Wasserwand aus hochspritzenden Bodendüsen den Fluchtweg.

Aber der erzbischöfliche Vergnügungspark hält noch weitere Attraktionen bereit, etwa zahlreiche Grotten wie die Neptungrotte, Ruinengrotte, Muschelgrotte, Spiegelgrotte, Vogelsanggrotte oder die luft- und wassergetriebenen Automaten, die Szenen aus Mythologie und Handwerk vorführen. All diese technischen Spielereien waren letztlich Machtdemonstrationen des Erzbischofs, der nicht allein durch Prunk und Reichtum beeindrucken wollte, sondern auch durch seine Fähigkeit, die Kräfte der Natur zu beherrschen und sie seinen Zwecken dienstbar zu machen.

Einen weiteren Einblick in das damalige Leben der Hofgesellschaft bekommt man in den prächtigen Fürstenzimmern im Schlossinnern. Die vom Florentiner Malermönch Mascagni wundervoll bemalten Wände und Decken im langgestreckten Festsaal und im oktogonalen Musikzimmer zeigen allegorische und höfische Szenen. Und auch die ausgestellten Ölgemälde mit exotischen und heimischen Tieren waren Teil einer kalkulierten Inszenierung. 

Der Erzbischof, geistlicher und weltlicher Herrscher über ein großes Territorium, liebte Prozessionen, Feste, Musik- und Theateraufführungen. So fand etwa die erste Opernaufführung nördlich der Alpen, Monteverdis Oper „L‘Orfeo“, in Salzburg statt. Doch leider konnte Markus Sittikus all dies und auch sein Hellbrunn, das bereits 1615 weitgehend fertiggestellt worden war, nicht lange genießen. Nur sieben Jahre blieben ihm in seinem Amt als Erzbischof von Salzburg. Er starb 45-jährig an einer Fiebererkrankung. Seine Ärzte machten „Melancholia und Schwermütigkeit“ mitverantwortlich für seinen frühen Tod. Die Vollendung des Salzburger Doms, des ersten großen barocken Sakralbaus nördlich der Alpen, erlebte er nicht mehr. „Kaum zum Dache gelangt, musste ich schon in die Grube steigen. Der Tod befiehlt!“, lautet die Inschrift an seinem in die Domwand eingelassenen Grabdenkmal.

Gleichwohl hat Markus Sittikus eindrucksvolle Spuren in Salzburg hinterlassen. Mit seinem vielerorts sichtbaren Wappen, dem Hohenemser Steinbock verbunden mit dem Salzburger Löwen, hat er nicht nur dem Dom, sondern auch dem Hellbrunner Schloss und Park seinen herrschaftlichen Stempel aufgedrückt.