Albrecht Dürer
Nürnberg, Deutschland
Denn wahrhaftig steckt die Kunst in der Natur.21.05.1471
06.04.1528
Bereits im Erdgeschoss wird Dürers Maxime, Kunst müsse „gewaltig“ sein, wörtlich genommen: Das großartige christusgleiche „Selbstbildnis mit Pelzrock“, das ihn als 28-jährigen Mann zeigt, zieht mehrfach vergrößert das Besucherauge in Bann. Es ist nicht das einzige Selbstporträt, das wir von Dürer kennen. Als echter Mensch der Renaissance hat er sich immer wieder selbst malend studiert und erforscht, auch nackt oder später von Krankheit gezeichnet. Ein Künstler, der durch Reisen nach Italien und in die Niederlande die frühneuzeitliche Weltsicht in seinen Gemälden, Altären und Grafiken hineingenommen hat: „Denn wahrhaftig steckt die Kunst in der Natur. Wer sie heraus kann reißen, der hat sie.“
Hier in diesem 1420 erbauten Gebäude, das Dürer 1509 für 275 Gulden gekauft hatte und in dem er mit seiner Frau Agnes bis zu seinem Tod lebte, sind viele seiner Werke entstanden. Mit unternehmerischem Gespür setzte sich der Maler bei seiner kaufkräftigen Kundschaft in Szene. Vor allem das damals revolutionäre Vervielfältigungsprinzip der Druckerpresse ermöglichte ihm, seine Kupferstiche und Holzschnitte im Eigenverlag vielfach reproduziert europaweit unter die Leute zu bringen. Das Markenzeichen AD, das konsequent auf allen seinen Werken das Copyright einfordert, machte den Goldschmiedesohn Dürer zu einem wohlhabenden Bürger seiner Heimatstadt Nürnberg.
Sein Haus direkt unterhalb der kaiserlichen Burg mit zwei Sandstein- und zwei Fachwerkgeschossen war bereits für damalige Verhältnisse äußerst stattlich und repräsentativ. Wo genau die Werkstatt und die Wohnräume Dürers lagen, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Das hallenartige Erdgeschoss diente aber vermutlich als Lager- und Verkaufsraum.
Original erhalten ist die kleine Küche mit der Herdstelle und dem Abgussbecken. Alle weiteren Räume ─ die Kammer, die Stube, die Werkstatt ─ wurden rekonstruierend dem Leben um 1500 nachempfunden. Eine Auswahl von Dürers Meisterwerken, die heute in den Museen der ganzen Welt zuhause sind, können als Kopien im rückwärtigen Saal des Hauses bestaunt werden.
Dem Dürer-Kult wurde die Stadt Nürnberg schon früh gerecht. Sie ließ 1828 sein Haus zu einer der weltweit ersten Künstler-Gedenkstätte herrichten. Noch heute haben Dürers Werke nichts von ihrer Kraft verloren, auch in überraschenden Zusammenhängen: die „Betenden Hände“ etwa, auf Andy Warhols Grabstein in Pittsburgh und als beliebtes Tätowiermotiv auf so manchem Oberarm, oder das „Feldhase“-Aquarell ─ ikonografische Werke, die sich tief ins kulturelle Gedächtnis nicht nur der Deutschen eingegraben haben. Seine „gewaltige“ Kunst, verbreitet und vielfach zitiert auf der ganzen Welt, das hätte Albrecht Dürer, dem Künstler- und Marketinggenie, gewiss gefallen.