Finn Juhl
Charlottenlund, Dänemark

Foto: Wikimedia Commons (Ausschnitt)
30.01.1912
17.05.1989
Fast könnte man meinen, das Wort „Hygge“ stamme von ihm, denn die Möbelentwürfe des dänischen Architekten und Designers Finn Juhl aus den 1940er/1950er Jahren sind tatsächlich hyggelig. „Man kann keine Zufriedenheit mit schönen Objekten erzeugen, aber man kann viel Zufriedenheit mit dem Erzeugen schlechter Objekte zerstören“, davon war Finn Juhl überzeugt. Mit seinen Stühlen, Sesseln und Tischen sollten sich die Menschen wohlfühlen. Ganz im Sinne skandinavischer Wohnkultur wollte er ihnen ein behagliches Interieur schaffen.
Mit seiner organischen Formensprache brachte Juhl eine neue Leichtigkeit und Heiterkeit in den nüchternen Funktionalismus seiner Zeit. Das sanft geschwungene Poeten-Sofa etwa, der würdevoll maskuline Häuptling-Stuhl, der kuschlige Pelikan-Stuhl oder der Goethes Farbenlehre zitierende Schubladenschrank. Überall zeigt sich Juhls Anlehnung an die zeitgenössische Malerei und Bildhauerei, vor allem an die Skulpturen von Hans Arp, Henry Moore, Barbara Hepworth und Erik Thommesen. Picassos Stil wiederum ist an Juhls Augen-Tisch erkennbar. „Die Kunst war immer meine wichtigste Inspirationsquelle“, lässt uns der Designer wissen.
Diese Nähe zur Kunst kam nicht von ungefähr. Juhls Neigung galt von Jugend an dem Malen und Zeichnen. Eigentlich wollte er Kunsthistoriker werden, wurde aber von seinem Vater, einem wohlhabenden Textilgroßhändler, in das ökonomisch einträglichere Architekturstudium gelenkt. Seit 1934 arbeitete Juhl dann als Architekt bei Vilhelm Lauritzen, einem renommierten Vertreter des dänischen Modernismus. 1945 gründete er sein eigenes Büro für Möbel- und Innendesign.
In seinem beruflichen Leben hat Finn Juhl verhältnismäßig wenige Häuser entworfen. Sein Hauptinteresse galt vielmehr schon früh der Gestaltung von Möbeln und Designobjekten. Dabei legte er großen Wert auf hochwertige Materialien und eine handwerklich solide Verarbeitung.
In seinem Wohnhaus in Charlottenlund nördlich von Kopenhagen, das heute dem Museum Ordrupgaard angegliedert ist, verbinden sich seine Fähigkeiten zu einer meisterhaften Gesamtkomposition. Der Bungalow aus weißgekalktem Backstein besteht aus zwei miteinander verbundenen rechtwinkligen Baukörpern. Die Räume gehen fließend ineinander über und öffnen sich mit großen Fenstern und Türen nach außen hin zum Garten. Zusammen mit den von Juhl entworfenen Möbeln, Designstücken und den Werken zeitgenössischer Künstler entsteht so eine harmonisch komponierte Wohnwelt. Die lichte Klarheit und Freundlichkeit der Räume erlauben wohl auch Rückschlüsse auf das Lebensgefühl des Hausherrn selbst.
Juhl hat sein Eigenheim 1942 im Alter von dreißig Jahren entworfen und gebaut. Dort wohnte und arbeitete er bis zu seinem Tod. Es ist auch heute noch weitgehend im Originalzustand erhalten. Nach seiner Scheidung lebte Juhl seit 1961 mit Hanne Wilhelm Hansen zusammen, deren stilistisch kongeniales Porträt von Vilhlem Lundstrøm neben dem Wohnzimmerkamin hängt.
Dank eines Beitrags in der amerikanischen Zeitschrift „Interiors“, in dem seine gestalterischen Arbeiten vorstellt worden waren, gelang Finn Juhl 1948 der internationale Durchbruch. In den USA wurde er als Pionier des skandinavischen Mid-Century-Designs gefeiert. Seine Möbel, bis dato nur in kleinen Stückzahlen hergestellt, wurden nun seriell gefertigt. Bald darauf erhielt er den Auftrag, einen Sitzungssaal im New Yorker UN-Hauptgebäude zu gestalten, danach wurde ihm die Ausstattung der dänischen Botschaft in Washington D.C. übertragen.
Finn Juhl gilt als einer der wichtigsten Vertreter der skandinavischen Moderne. Einige seiner beliebten Möbelklassiker sind bis heute auf dem Markt. Kein Wunder, ihr schlichter Komfort ist einfach hyggelig.