Pierre-Auguste Renoir

Cagnes-sur-Mer, Frankreich

Foto: Wikimedia commons/Unknown Musée d'Orsay, Dist. RMN-Grand Palais/Patrice Schmidt (Ausschnitt)

Es gibt im Leben schon genug hässliche Dinge, als dass man sie vermehren müsste.

25.02.1841

03.12.1919

tourisme.cagnes.fr

„Die Geschichte von Cagnes und Renoir ist eine Liebesgeschichte, und wie alle Geschichten Renoirs enthält sie keine besonderen Ereignisse.“ So charakterisierte sein Sohn Jean Renoir, ein bekannter Filmregisseur der 1930er Jahre, das Verhältnis seines Vaters zu dessen südfranzösischem Alterswohnsitz „Les Collettes“. Und diese Worte sagen auch etwas über den Vater als Maler aus. Denn es trifft zu, die impressionistischen Gemälde Pierre-Auguste Renoirs zeigen keine besonderen Ereignisse, keine dramatischen historischen oder mythologischen Begebenheiten, keine schwelenden sozialen Probleme in der sich industrialisierenden Welt des 19. Jahrhunderts. Es ist als gäbe es keine Gewalt, keine Armut und keine Krankheit in Renoirs Bilderwelt. Stattdessen strahlen aus ihr eine sinnliche Leichtigkeit und Harmonie, die an die pastellfarbenen Galanterien der Rokoko-Gemälde erinnern. Renoir hält Augenblicke der Schönheit und des Lebensgenusses fest, sei es im Tanz, im Spiel oder im geselligen Zusammensein. Seine Frauen und Mädchen – Renoirs Lieblingsmotive – wirken allesamt freundlich und sanft. Als Gottes beste Arbeit hat er die jungen Mädchen einmal seinem Malerkollegen Henri Matisse gegenüber bezeichnet.

Renoir malte die Sonnenseiten des Lebens, die Schattenseiten kamen in seiner Kunst nicht vor. Dennoch, Schatten gab es in seinem Leben zuhauf. Renoir kannte Armut, Hunger und Schmerz. Hineingeboren in eine Arbeiterfamilie wurde der Junge schon früh in eine Lehre als Porzellanmaler geschickt. Und nur weil sich die Drucktechnik auch bei der Verzierung von Geschirr durchzusetzen begann, war er gezwungen, sich nach einem neuen Lebensunterhalt umzusehen. Renoir wandte sich der Porträtmalerei zu.

Um 1890 machten sich bei ihm erste Anzeichen von rheumatischer Arthritis bemerkbar. Mit zunehmendem Alter verschlimmerte sich die Krankheit, versteifte und deformierte seine Gelenke. Die aufgescheuerten Handflächen wurden mit Tüchern verbunden, die er auch beim Malen nicht ablegte. Der Kunsthändler Paul Durand-Ruel hat 1912 die Mühsal Renoirs beschrieben: „Er kann weder gehen noch sich aus seinem Lehnstuhl erheben. Zwei Leute müssen ihn überallhin tragen. Welche Qual! Und trotzdem ist er stets heiter und glücklich, wenn er malen kann.“ Eine historische Filmsequenz, die Renoir malend und Zigarette qualmend im Rollstuhl zeigt, ist im Musée Renoir zu sehen. Auch sein Rollstuhl, seine Staffelei, die blitzblanke weiße Keramikpalette – Renoir legte Wert auf die Reinheit der Farben – sind im Atelier ausgestellt.

Vor allem aufgrund des milden Mittelmeerklimas, von dem er sich eine Linderung seines Leidens erhoffte, hatte Renoir beschlossen, seinen Lebensabend in Cagnes-sur-Mer zu verbringen und dort auf einem drei Hektar großen Grundstück ein Haus zu bauen. Sein Sohn Jean erinnerte sich, dass vor allem die jahrhundertealten Olivenbäume, deren Stämme dem Vater wie „barbarische Gottheiten“ erschienen, den Ausschlag für seine Entscheidung gegeben hatten. 1908 bezog Renoir mit seiner Frau Aline und den drei Söhnen Pierre, Jean und Claude „Les Collettes“. Hier verbrachte Renoir seine letzten zwölf Lebensjahre. In dieser Lebensphase war er bereits ein erfolgreicher, wohlhabender Künstler. Seine Bilder – gefällig und gesellschaftlich kompatibel – wurden gerne gekauft und ausgestellt.

Die großzügige zweistöckige Landhausvilla mit weitem Blick über die Mittelmeerküste ließ Renoir mit zeitgenössischem Komfort wie Zentralheizung, Telefon und elektrischem Licht ausstatten. Im Salon stehen noch die Louis-seize-Möbel, die Einrichtung des danebenliegenden Esszimmers ist nach Renoirs eigenen Entwürfen gestaltet. In seinem 39 m² großen Atelier mit Nordfenster ließ er einen überdimensionalen Kamin einbauen, seine schmerzenden Gelenke brauchten Wärme. Auf demselben Stockwerk gab es noch ein kleineres Atelier für den Winter, das einfacher zu beheizen war.

Renoir war ein Maler, der die dunklen Seiten des Lebens kannte und dennoch bis zum Lebensende bewusst die idyllische Daseinsfreude der Belle Époque zum Thema seiner Kunst machte. „Für mich muss ein Bild“, so Renoir, „etwas Liebenswertes, Fröhliches und Hübsches sein. Jawohl, hübsch. Es gibt im Leben schon genug hässliche Dinge, als dass man sie vermehren müsste.“ Wenn man durch den gepflegten Garten von „Les Collettes“ flaniert, den Blick über die sonnenbeschienenen Bäume und Blumen gleiten lässt, die Stille fernab vom Weltentrubel genießt, dann ist man versucht, sich voll und ganz auf Renoirs Seite zu schlagen.