Cecil Rhodes

Muizenberg, Südafrika

Foto: Wikimedia commons (Ausschnitt)

Wer als Brite geboren wird, hat den ersten Preis in der Lotterie des Lebens gewonnen.

05.07.1853

26.03.1902

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Was, in diesem Häuschen hat einmal einer der reichsten Männer der Welt gelebt? Und hier, nicht in seiner repräsentativen Kapstadter Residenz Groote Schuur, ist er 1902 verstorben? Aber vielleicht passt dieses schlichte Cottage besser zu Cecil Rhodes, diesem Abenteurer, Kraftprotz, Visionär, der einst dem Britischen Empire in Afrika riesige Territorien hinzugewonnen hatte.

Wir sind im ausgehenden 19. Jahrhundert mitten im imperialistischen Wettstreit um die Aufteilung des afrikanischen Kontinents. Die Inbesitznahme Afrikas durch die europäischen Kolonialmächte ist in vollem Gange. Darunter Cecil Rhodes, der Pastorensohn aus der englischen Provinz, der als Siebzehnjähriger wegen einer Lungenerkrankung auf die Farm seines älteren Bruders Herbert nach Südafrika geschickt worden war – zur richtigen Zeit am richtigen Ort, muss man in seinem Sinne rückblickend wohl sagen. Der junge Cecil gerät bald in den ausbrechenden Diamanten- und Goldrausch und versteht die Gunst der Stunde zu nutzen. Mit erstaunlichem unternehmerischem Geschick steigt er ins Diamanten- und Goldgeschäft ein und gelangt innerhalb weniger Jahre zu enormem Reichtum. Doch um Geld um des Geldes willen ging es ihm nicht. Geld bedeutete für Cecil Rhodes Macht um seiner ehrgeizigen Lebensvision willen, der imperialistischen Ausweitung des britischen Herrschaftsgebiets. „Ich hatte immer nur ein Ziel vor Augen: Ein neues Weltreich zu gründen, wie es den Römern einmal gelungen war. Aber diesmal unter Führung der englischen Krone.“ Cecil Rhodes war wie viele seiner englischen Landsleute überzeugt, „dass wir das überlegenste Volk sind. Je mehr uns von der Welt gehört, umso besser für die menschliche Rasse.“

Man kann es Größenwahn oder Fanatismus nennen, auch Queen Victoria, die Herrin des Britischen Empires, unterstützte Rhodes und seinen Konzern BSAC (British South Africa Company) in seinem Vorhaben, den britischen Einflussbereich weiter in den afrikanischen Kontinent hineinzutreiben. Rhodes‘ Firma investierte in die Infrastruktur der annektierten Gebiete. Straßen, Telegraphenleitungen, Bahnschienen wurden gebaut. Zwei der von ihm eroberten Gebiete wurden noch zu seinen Lebzeiten nach ihm benannt: Nord- und Südrhodesien, heute Sambia und Simbabwe. Rhodes Traum war der Bau einer Eisenbahnlinie quer durch Afrika von Kapstadt bis Kairo. Unvergessen ist Linley Sambournes meisterliche Karikatur „The Rhodes Colossus“ in der englischen Satirezeitschrift „Punch“: in Anlehnung an den über dem Hafen von Rhodos thronenden Koloss, eines der sieben Weltwunder der griechischen Antike, steht Cecil Rhodes breitbeinig über dem gesamten afrikanischen Kontinent.

„Was für ein Mann! Warum ist er nicht mein Minister? Mit ihm könnte ich alles tun“, soll der deutsche Kaiser Wilhelm II. über den Tausendsassa Rhodes gesagt haben. Cecil Rhodes werden enorme Tat- und Überzeugungskraft, Willensstärke und berserkerhafte Durchsetzungsfähigkeit nachgesagt. In irritierendem Gegensatz dazu soll seine angeblich dünne Fistelstimme gewirkt haben. Politisch brachte er es 1890 bis zum Premierminister der britischen Kapkolonie. Aber auf dem Höhepunkt seiner Macht beging Rhodes 1895 den Fehler, den unter der Leitung seines Freundes Leander Jameson angezettelten Aufstand in der Burenrepublik Transvaal zu unterstützen. Die Engländer wollten das Land der niederländischen Siedler auch wegen riesiger Goldvorkommen unter ihre Kontrolle bringen. Der Putschversuch scheiterte kläglich, die Buren unter ihrem Präsidenten Paul Kruger konnten sich, obzwar in der Minderheit, erfolgreich gegen die britische Übermacht behaupten. Rhodes kostete diese Aktion sein Amt als Premierminister. Erst im zweiten Burenkrieg 1899 bis 1902 gelang es den Engländern, sich der Burenrepubliken zu bemächtigen. Cecil Rhodes, der 1902 in seinem Ferienhaus in St. James bei Muizenberg starb, erlebte den endgültigen englischen Sieg nicht mehr.

1899 hatte er das Ferienhaus mit weitem Blick über die Bucht erworben. Die kühle Meeresluft sollte seinen angeschlagenen Lungen Erleichterung verschaffen. Muizenberg mit seinem kilometerlangen Sandstrand hatte sich in jener Zeit bereits zu einem beliebten Ferienort wohlhabender Kapstädter entwickelt. Die Schlichtheit des Äußeren setzt sich im Inneren des Cottages fort. Die Einrichtung mit teils originalem Mobiliar ist einfach und funktional. Viele Fotografien, Dokumente, Karikaturen erzählen vom Leben und der beispiellosen Karriere des Kolonisators Rhodes. Auch seine Pferdekutsche, mit der er von Kapstadt anzureisen pflegte, ist in einem Anbau zu sehen. Rhodes starb in diesem Haus mit 48 Jahren an Herzversagen, sein Lebensgefährte Leander Jameson war an seiner Seite. „So little done, so much to do“, sollen die letzten Worte dieses glühenden Imperialisten und Empire-Verehrers gewesen sein, der ein Leben lang davon überzeugt war: „Wer als Brite geboren wird, hat den ersten Preis in der Lotterie des Lebens gewonnen.“

Cecil Rhodes ging nie eine Ehe ein, auch nicht um der Konvention willen. An Verehrerinnen mangelte es ihm freilich nicht, besonders die Stalkerin Prinzessin Radziwell, die sich schon in ihre Rolle als „Königin von Rhodesien“ hineingeträumt hatte, setzte ihm zu. „Ich habe nie geheiratet, mich wenig um Weiber gekümmert. Eigentlich überhaupt nicht. Hatte gar keine Zeit dazu“, war Rhodes lapidarer Kommentar zu diesem Thema.

Seine testamentarisch verfügte Ruhestätte zwischen gewaltigen Granitfelsen der Matobo-Berge im heutigen Simbabwe ist ein magischer Ort. Noch das spröde Modell, das im Haus gezeigt wird, vermittelt eine Ahnung davon. Ein Großteil seines enormen Vermögens kam der Universität Oxford zugute, wo Rhodes mit einigen Anläufen 1881 sein Studium abgeschlossen hatte. Das prestigeträchtige Rhodes-Stipendium ermöglicht bis heute wenigen Auserwählten ein Studium an der Oxforder Universität. Der ehemalige amerikanische Präsident Bill Clinton ist ebenso unter den Stipendiaten wie mehrere Nobelpreisträger und australische Premierminister.

Dem großzügigen Spender wurden an verschiedenen Orten Denkmäler errichtet. Es ist berechtigt, sie heutzutage in Frage zu stellen. Gegen die Auslöschung geschichtlicher Spuren hat sich aber ausgerechnet Nelson Mandela ausgesprochen, der allen Grund gehabt hätte, den weißen Kolonisatoren zu zürnen. Es sei nur möglich, Lehren aus der Geschichte zu ziehen, wenn „wir die Fehler in der Erinnerung mit uns tragen“. Eine bewusste Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, darum ging es Mandela. Auch der Besuch dieses kleinen Hauses in Muizenberg vermag dazu einen Beitrag zu leisten.