Manuel I. von Portugal
Sintra, Portugal
König von Portugal und der Algarve, Herr der Eroberungen, der Seefahrt und des Handels mit Indien, Äthiopien, Arabien und Persien.31.05.1469
13.12.1521
Will man dem Herrschaftsverständnis König Manuels I. von Portugal auf die Spur kommen, so schaue man sich den großartigen Wappensaal des Nationalpalasts in Sintra an. Als der Raum von Manuel in Auftrag gegeben wurde, war der portugiesische König auf dem Höhepunkt seiner Macht, seines Erfolgs und seines Reichtums. Im Mittelpunkt der holzgetäfelten achteckigen Kuppeldecke prangt das portugiesische Königswappen, umkränzt von den acht Wappen der Nachkommen. In weitem Abstand dazu gruppieren sich die Wappen der 72 bedeutendsten portugiesischen Adelsfamilien. Die politisch-soziale Hierarchie war somit für alle sichtbar. Der „König von Portugal und der Algarve, Herr der Eroberungen, der Seefahrt und des Handels mit Indien, Äthiopien, Arabien und Persien“, so sein genauer Titel, sah sich als unumstößliche Zentralgewalt seines Imperiums.
Manuel I., auch „der Glückliche“ genannt, stammte aus dem Hause Avis und regierte Portugal von 1495 bis 1521. Seine Herrschaftszeit ging als Goldenes Zeitalter in die Geschichte ein. Es war für Portugal die Zeit der großen überseeischen Entdeckungen, des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Aufschwungs.
Im Auftrag von König Manuel I. entdeckte Vasco da Gama 1498 als erster den Seeweg nach Indien. Ebenfalls in königlichem Auftrag entdeckte Pedro Álvares Cabral Brasilien. In der Folge begann die koloniale Vereinnahmung der neuen Gebiete, Militär- und vor allem Handelsstützpunkte wurden gegründet. Endlich erhielten die Portugiesen die Chance, das lukrative Gewürzmonopol des Osmanischen Reichs in ihre Gewalt zu bekommen. Denn bisher hatte ihnen das Osmanische Reich den Landweg nach Indien versperrt. Den Fernhandel mit Pfeffer, Zimt, Muskat und Gewürznelken hatte es über Venedig abgewickelt, das an diesem Deal kräftig mitverdiente. Doch nun stieg Portugal zur führenden Handelsmacht auf und Lissabon wurde der zentrale Umschlagplatz für Gewürze. Der imperiale Überseehandel mit Asien und Afrika, der neben Gewürzen auch reichlich Gold, Silber und andere Waren ins Land spülte, machte den portugiesischen König zum reichsten Herrscher Europas.
Manuel I. lebte im Luxus und zeigte ihn auch. In Lissabon ließ er sich von Elefanten eskortieren, die er aus Asien hatte importieren lassen. Und noch exotischer für europäische Augen war wohl ein Nashorn, das dem Maler Albrecht Dürer, obgleich er es nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, als Vorbild für seinen Rhinocerus-Holzschnitt diente. Auch in zahlreiche Bauwerke floss das portugiesische Geld. Manuel ließ prächtige Klöster, Kirchen und Schlösser bauen. Der nach ihm benannte eklektizistische Architekturstil, die sogenannte Manuelinik, zeichnet sich durch eine überbordende Ornamentik aus.
Im Königspalast von Sintra sind die Spuren Manuels I. unübersehbar. Der König ließ die Palastanlage durch einen zusätzlichen Flügel erweitern sowie Fenster und Portale mit manuelinischen Schmuckelementen verzieren. Sintra, das auf einem maurischen Fundament gründet, wurde im 12. Jahrhundert vom portugiesischen Königshaus in Besitz genommen und diente später jahrhundertelang als royale Sommerresidenz. Daher weist die verschachtelte Palastanlage verschiedene Bauabschnitte und Stile auf. Gärten und Innenhöfe mit Bassins und Brunnen gehören ebenso dazu wie prachtvolle Räume mit geschnitzten Holzdecken und Fliesendekor wie etwa der Saal der Schwäne, der Saal der Elstern, die Kapelle und natürlich der Wappensaal.
Manuels Heiratspolitik zielte auf die Vereinigung der drei iberischen Reiche Portugal, Kastilien und Aragon. Mit seinen drei Ehen festigte er die Bindung an das spanische Königshaus. Doch zu welchen Bedingungen. Nicht nur, dass die katholischen Könige Ferdinand von Aragon und Isabella von Kastilien den Islam endgültig von der Iberischen Halbinsel vertrieben hatten – Muhammad XII. war der letzte maurische Herrscher in Granada gewesen –, auch die Juden wurden vertrieben, aus Spanien und bald darauf auch aus Portugal.