César Manrique

Haria (Lanzarote), Spanien

Porträt von César Manrique

Foto: Margot Goeller

Ich bin in diesem Land der Vulkane selbst ein Vulkan.

24.04.1919

25.09.1992

fcmanrique.org

Lanzarote war sein Lebensprojekt. César Manrique hat seine Heimatinsel mit Schönheit überzogen und sie damit unter den Kanarischen Inseln einzigartig gemacht. Fast überall hinterließ er dort Spuren seiner überbordenden Kreativität und seines ästhetischen Sinns, seien es die Aussichtsrestaurants, die Museen, die Gärten, die Badewelten, die Grotten, die Wohnhäuser, die Skulpturen oder die Windspiele. Und immer ist es sein ganz besonderer Stil, der in seinem Werkspektrum als Architekt, Bildhauer, Designer, Maler, Raum- und Landschaftsplaner zum Ausdruck kommt. Meist dominieren die traditionellen Farben und Formen der Insel, die er respektvoll bewahrte und modern interpretierte. Das Weiß der volkstümlichen kubischen Gehöfte, das Schwarz der erstarrten Lava, das Grün der Pflanzen und das Braun des Holzes.

Als Manrique Ende der 60er Jahre nach seinem mehrjährigen Aufenthalt in New York endgültig nach Lanzarote zurückkehrte, war man auf der Insel gerade dabei, sich touristisch verstärkter aufzustellen. Manrique kam noch rechtzeitig, um eine zerstörerische massenkompatible Touristeninfrastruktur zu verhindern. Ein glücklicher Zufall war es, dass er den Präsidenten der Inselregierung, ein alter Freund der Familie, als Verbündeten gewinnen konnte. So zogen eine Zeitlang Politik und Kunst am selben Strang und verhinderten die schlimmsten Bausünden, die weltweit so viele andere Touristenorte verunstalten. Großflächige Werbetafeln und hohe Strommasten in der Landschaft wurden ebenso verboten wie Gebäude, die höher als eine ausgewachsene Palme waren.

Dabei ging es Manrique nicht um die Verhinderung des Fremdenverkehrs an sich, versprach der doch seinen damals zumeist armen Landsleuten die Chance auf einen gewissen Wohlstand. Aber ihm schwebte ein „intelligenter Tourismus“ vor, der der spröden Schönheit dieser Vulkaninsel mit Achtung begegnet: „Ich hoffe nicht auf reiche, sondern auf neugierige, gebildete, empfindsame, kurzum auf kultivierte Touristen.“

Manrique strebte eine „Symbiose zwischen der Schöpfung der Natur und der des Menschen“ an. Architektur und Kunst sollten sich harmonisch mit der Landschaft verbinden. „Der Mensch muss sich behutsam in die hintersten Winkel der Natur einfügen, um das wahre Wesen des Lebens zu begreifen“, so seine Überzeugung. Der Schutz der natürlichen Ressourcen war ihm dabei genauso wichtig wie der Schutz der kulturellen Identität Lanzarotes. Lange bevor Nachhaltigkeit zum Schlagwort wurde, war sie Manrique bereits ein Herzensanliegen.

Nicht immer gelang es ihm, seine gestalterischen Visionen durchzusetzen. Bis zum Schluss kämpfte er „angesichts der Raffgier der Spekulanten und der Tatenlosigkeit der Behörden“ mit Verve für eine verantwortungsbewusste Landschaftsgestaltung. Baulichem Wildwuchs entgegnete er: „Wenn es nach mir geht: Dynamit, in die Luft sprengen.“ Energievoll, umtriebig, leidenschaftlich, wusste er die Menschen zu begeistern. „Ich bin in diesem Land der Vulkane selbst ein Vulkan.“

Dabei sah sich Manrique vor allem als Maler. „Mit absoluter Freiheit zu schöpfen, ohne Ängste und Rezepte, tröstet die Seele und öffnet einen Weg für die Freude zu leben.“ Nach einem abgebrochenen Bauingenieurstudium in Teneriffa hatte er sich ganz der Malerei zugewandt. Er studierte 1945 bis 1950 in Madrid an der Kunstakademie und machte sich dort ab 1954 mit einer Galerie einen Namen. Inspiriert unter anderem von Picasso und Miró, gilt Manrique als einer der ersten abstrakt malenden Künstler Spaniens. In Madrid begann auch die Liebesbeziehung zu Pepe Cómez, die 1963 durch ihren Krebstod endete. Eine Schaffenskrise trieb Manrique daraufhin nach New York, wo die Begegnung mit der US-amerikanischen Kunstszene großen Einfluss auf sein weiteres Schaffen hatte.

Sein erstes Wohnhaus bei Tahiche, das er sich nach seiner Rückkehr auf einem Lavafeld mit unterirdischen Vulkanblasen erbaute, ist bis heute spektakulär. 1986 begann er auf den Grundmauern eines alten Bauernhauses sein zweites Domizil in Haria zu gestalten, in dem er von 1988 bis zu seinem Tod lebte und arbeitete. Es ist bis heute ein friedliches, ästhetisch durchkomponiertes Refugium, das einen sehr lebendigen Eindruck vom Menschen und Künstler Manrique vermittelt. Im Zentrum des weiß gekalkten Gebäudes liegt der Salon mit rustikaler Balkendecke und massigem Kamin aus Lavasteinen. Überall trifft man auf selbstgestaltete Möbel und Lampen, auf Kunstwerke, Bücher, Keramik, Pflanzen, Masken und Erinnerungstücke. In einem separaten Gebäude liegt das großräumige Atelier, eingebettet in den lavaschwarzen Boden des Palmengartens.

César Manrique starb 1992 bei einem Autounfall unweit seines ehemaligen Hauses in Tahiche, das er wenige Monate zuvor offiziell seiner Stiftung übereignet hatte. Er ist auf dem Friedhof in Haria begraben. Ein Jahr nach seinem Tod wurde die Insel von der Unesco zum Biosphärenreservat ernannt, maßgeblich ein Verdienst von Manriques hartnäckigem Engagement.

Seine Spuren auf Lanzarote sind zum Glück noch immer sehr markant und eindrucksvoll. Und seine Botschaft ist aktueller denn je: „Wir sind Zeugen eines historischen Augenblicks, und die riesige Gefahr der Zerstörung der Umwelt ist heute so offensichtlich, dass wir im Hinblick auf die Zukunft eine neue Verantwortung zu übernehmen haben.“

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