Eugène Delacroix

Paris, Frankreich

Porträt von Eugène Delacroix

Foto: Wikimedia commons/Félix Nadar (Ausschnitt)

Was man allein erlebt, wirkt viel stärker und jungfräulicher.

26.04.1798

13.08.1863

www.musee-delacroix.fr

„Liebe, Schrecken, Wahnsinn, Verzweiflung, Wut, Überschwänglichkeit, Überdruss, Traum und Tat, Denken und Melancholie“ – all das, so der Schriftsteller Théophile Gautier, komme im Werk seines Künstlerfreundes Eugène Delacroix mit Wucht zum Ausdruck. Sein allegorisches Gemälde „Die Freiheit führt das Volk“, in dem eine wilde, stolze Frauengestalt mit Trikolore und Gewehr den Barrikadenkampf der Julirevolution von 1830 anführt, wurde zur Ikone des französischen Nationalbewusstseins. Bis heute unzählige Male zitiert und variiert, steht dieses Bild in seiner ganzen Dramatik für die Macht des Volkes und seinen Aufstand gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit. Das großformatige Werk hängt – natürlich – im Pariser Louvre, der über die bedeutendste Delacroix-Sammlung verfügt.  

Ordnet man Eugène Delacroix überhaupt einer kunsthistorischen Strömung zu, so gilt er als Vertreter der französischen Spätromantik. Er selbst charakterisierte 1853 in seinem Tagebuch den Romantiker als einen Menschen, „der die Klaviatur der menschlichen Seele von einem zum anderen Ende durchläuft, eine wunderbare Gabe, die man selten bei ein und demselben Menschen antrifft; er hat Leidenschaft, Glaube, Ironie und Skepsis; er vermag alle schönen Regungen des Herzens wiederzugeben und ihrer mit diabolischer Inbrunst zu spotten.“ Besonders kennzeichnend für Delacroix war sein furioser Einsatz der Farbe. Sein vielgerühmtes Farbenspektrum evoziert in den Historienbildern, Porträts und Genrebilder eine expressive Dynamik, die sich deutlich von der kühlen Glätte des damals modischen Klassizismus absetzt. Für Vincent van Gogh war Delacroix gar der „größte Kolorist“.

Paris blieb für Eugène Delacroix lebenslang der Mittelpunkt seiner Existenz. Abgesehen von einer Nordafrika-Reise im Jahr 1832, deren exotische Eindrücke seine Motive und Techniken nachhaltig beeinflussten, war er wenig reisefreudig. In seiner Wohnung an der Place de Furstenberg, die er 1857 bezog, lassen sich heute zahlreiche seiner Werke, Briefe und Originalmöbel besichtigen. Es war seine letzte Wohnstätte, hier verbrachte Delacroix die Jahre bis zu seinem Tod 1863. Der Umzug in das am linken Seineufer gelegene Viertel Saint-Germain-des-Prés bedeutete zugleich eine Rückkehr an den Ort seiner Kindheit. Mag sein, dass auch die Nähe zur Kirche Saint-Sulpice, deren Ausmalung er gerade übernommen hatte, seine Entscheidung begünstigte.

Seine anfängliche Skepsis gegenüber der neuen Bleibe verlor sich rasch: „Meine Wohnung ist wirklich bezaubernd. Ich war ein wenig melancholisch nach dem Essen, mich so verpflanzt zu sehen. Nach und nach habe ich mich damit ausgesöhnt und bin schließlich entzückt zu Bett gegangen.“ Das Atelier, vom ersten Stock seiner Wohnung aus direkt zugänglich, richtete er im Hinterhaus ein. Der von Mauern umschlossene Garten - heute wieder im Sinne des Malers gestaltett - war für den einzelgängerischen Dandy ein idealer Rückzugsort, eine Oase der Stille: „Der Anblick meines kleinen Gartens und das heitere Bild meines Ateliers erregen in mir immer ein Gefühl der Freude“, bekannte er. Überhaupt war ihm das Alleinsein ein wesentlicher Begleiter seines Schaffens: „Was man allein erlebt, wirkt viel stärker und jungfräulicher.“  

Obwohl Delacroix in den Pariser Salons ein gern gesehener Gast war – George Sand und Frédéric Chopin etwa zählten zu seinem Freundeskreis – und obwohl es ihm während seines Lebens nicht an öffentlichen und kirchlichen Aufträgen mangelte, war sein Atelier schon wenige Jahrzehnte nach seinem Tod vom Abriss bedroht. Nur dank des Engagements junger Künstler, die ihn wegen seiner virtuosen Lichtinszenierung als Wegbereiter des Impressionismus verehrten, konnte die Erinnerungsstätte gerettet und 1932 als Museum eröffnet werden. Noch heute ist dieser Ort, wie einst zu Delacroix' Zeiten, ein Ruhepol mitten im pulsierenden Pariser Stadtleben.

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