Georg Joachim Göschen

Grimma, Deutschland

Foto: Wikimedia commons/Samuel Gránicher (Ausschnitt)

Ich glaube, ich habe mir einen Zuwachs an Gesundheit und Leben erkauft in einem artigen Gebäude und einem Garten in einer der schönsten Gegenden der Welt.

22.04.1752

05.04.1828

www.goeschenhaus.de

„Ich esse dort zu Mittag und Abend und schlafe. Die übrige Zeit bin ich in Grimma bei den Pressen“. So sah das Alltagsleben des Verlegers Georg Joachim Göschen im Jahre 1800 aus. Ein Unternehmerleben eben, das geprägt war vom Wettbewerb um das beste Produkt auf einem umkämpften Buchmarkt. Georg Joachim Göschen, neben Johann Friedrich Cotta einer der großen Verlegerpersönlichkeiten der deutschen Klassik, war ein Aufsteiger. Früh verwaist hatte er sich beharrlich emporgearbeitet, sich „manche Bequemlichkeit“ und „viele Freuden versagen“ müssen, schließlich 1785 in Leipzig eine Verlagsbuchhandlung und 1793 eine Buchdruckerei gegründet. Denn nur eine eigene Druckerei konnte seinem hohen Anspruch auf Druckqualität und ästhetische Buchgestaltung gerecht werden. Immerhin gehörten Goethe, Schiller, Klopstock und Wieland zu seinen Autoren.

Sein Meisterstück war zweifellos die Prachtausgabe der Werke Christoph Martin Wielands. Göschen legte nicht nur großen Wert auf die Qualität von Druckpapier und Drucktechnik, sondern auch auf die typografische Perfektion seiner Bücher. Dabei orientierte er sich an den innovativen Schriftgestaltern in Italien, Frankreich, England und den Niederlanden, die alle mit der lateinischen Antiqua-Schrift experimentierten. Da ihm die Leipziger Zunftordnung nur die traditionelle Frakturschrift erlaubte, verlegte er 1797 seine Druckerei kurzerhand in die Kleinstadt Grimma in der Nähe von Leipzig. Dort wurden ihm alle typografischen Freiheiten gewährt, die er brauchte. Und Wieland schwärmte dann auch von der graphischen Gestaltung seiner Gesamtausgabe: „Ich kann mich nicht genug an der reinen Schönheit dieser Lettern ergötzen. Eine jede ist in ihrer Art eine Mediceische Venus.“

In Hohnstädt, einem Ortsteil von Grimma, hatte Göschen 1795 ein kleines Landgut erworben, das ihm nach allerlei Umbauten zunächst als Sommersitz für sich und seine Familie diente. „Ich glaube, ich habe mir einen Zuwachs an Gesundheit und Leben erkauft“, heißt es in einem Brief an Wieland, „ in einem artigen Gebäude und einem Garten in einer der schönsten Gegenden der Welt.“ Das danebenliegende Stallgebäude wurde in einen Gästetrakt für Freunde und Autoren umgebaut. Schiller, den Göschen später ebenso wie Goethe an seinen Konkurrenten Cotta verlor, war einer der ersten Besucher in Hohnstädt und bedankte sich anschließend bei seinem Verleger mit den Zeilen: „Jener Tag gehört zu den fröhlichsten, die ich durchlebte. Ich sah Sie glücklich in Ihrem häuslichen Kreis, in Ihrer ländlichen Ruhe.“

Das einfache Landhaus war umgeben von einem großen terrassiert angelegten Garten mit Weinberg, Weinlaubengang und Theaterwiese. Der kleine Freundschaftstempel, ein Geburtstagsgeschenk Göschens an seine Frau Johanna Henriette, diente als Gartenpavillon. Kongenial ergänzt wird das Ensemble durch die zauberhafte Figur der Göttin Hebe, ein von Bertel Thorvaldsen geschaffener Abguss, der allerdings erst später hinzukam.

Das ehemalige Gartenzimmer der Familie ist zum Teil mit Originalmöbeln eingerichtet. Im Bücherschrank stehen wertvolle Beispiele Göschenscher Buchkunst. Ein weiterer Raum ist Gottfried Seume gewidmet, der 1797 bis 1801 im Verlag Korrektor und gern gesehener Gast des Hauses war. Seume erinnerte sich später an „Göschens herrliche Siedelei, wo wir so oft gruben und pflanzten und jäteten und plauderten und ernteten und Kartoffeln aßen und Pfirsiche“. Er wohnte und arbeitete in Göschens Druckerei am Grimmaer Marktplatz, zog sich dann aber nach vier Jahren entnervt zurück. „Wenn ich so fortkorrigiere, fürchte ich nur, mein ganzes Leben wird ein Druckfehler werden.“ Von Grimma aus machte sich Seume zu seinem berühmten „Spaziergang nach Syrakus“ auf. Göschen ließ im Garten am Lieblingsplatz des Freundes eine Basaltplatte mit einem Epigramm Schillers aufstellen.

Die Befreiungskriege gegen Napoleon brachten auch Göschens Verlag in schwere wirtschaftliche Bedrängnis. Zwar hatte er schon lange mit unternehmerischem Geschick den Nachdruckern das Handwerk gelegt, indem er Editionen in unterschiedlichen Preissegmenten auf den Markt brachte, aber das reichte nun nicht mehr. Um seine Mitarbeiter nicht entlassen zu müssen, druckte Göschen Kalender und Almanache und gründete das „Grimmaische Wochenblatt für Stadt und Land“, für das er auch redaktionell verantwortlich zeichnete. Seinen Wohnsitz verlegte er nun ganz nach Hohnstädt.

Bis ins siebzigste Lebensjahr arbeite Georg Joachim Göschen im Verlag, die Nachfolge gestaltete sich schwierig. Seine Söhne führten das Lebenswerk ihres Vaters mit wenig Fortune fort. Georg Joachim Göschen starb 1828. Den Verkauf seines Verlags an den lebenslangen Konkurrenten Cotta hat er nicht mehr erlebt.

Aber das Haus des Büchermenschen Göschen in Grimma-Hohnstädt lebt glücklicherweise weiter. Es ist heute das einzige Verlegermuseum in Deutschland und nicht nur wegen seines malerischen Gartens eine Reise wert.