Friedrich Schiller
Weimar, Deutschland
Foto: Wikimedia commons/Ludovike Simanowiz (Ausschnitt)
10.11.1759
09.05.1805
Seine „Ode an die Freude“, von Ludwig van Beethoven in der Neunten Symphonie unsterblich vertont, ist heute die offizielle Hymne Europas. Friedrich Schiller galt seiner Zeit als der große Dichter der Freiheit und der Gerechtigkeit. Schon vor der Französischen Revolution hatte er mit seinem Drama „Die Räuber“ die aufgeladene Stimmung gegen die feudale Herrschaftsordnung auf die Bühne gebracht. Das Stück wurde 1782 in Mannheim unter stürmischem Jubel uraufgeführt - Schiller war gerade 22 Jahre alt.
Er kannte Drill, Zwang und Schikane nur zu gut aus eigener Erfahrung, war er doch Zögling der legendären Hohen Karlsschule des württembergischen Herzogs Carl Eugen. Heimlich schlich er sich ins Nachbarland Kurpfalz, um die Premiere seines Stücks mitzuerleben. Nach einem zweiten unerlaubten Theaterbesuch verhängte sein Landesherr Arrest und Schreibverbot über ihn - eine unerträgliche Qual für den ideensprühenden jungen Dichter. Schiller blieb nur die Flucht aus der despotischen Enge seiner Heimat.
Mittellos und meist auf wohlwollende Gönner angewiesen, führte ihn sein Weg schließlich nach Thüringen. In Weimar wurde Schiller 1799 mit seiner Familie sesshaft. Zu dieser Zeit war er bereits weithin berühmt, seine Dramen feierten auf vielen Bühnen Triumphe. Ob in den „Räubern“, in „Kabale und Liebe“ oder im „Wilhelm Tell" - stets stand im Zentrum seines Schaffens das Recht des Menschen auf Freiheit und Selbstbestimmung, das Leitthema seines gesamten dichterischen Lebenswerks.
1802, im Jahr seiner Erhebung in den Adelsstand, erwarb Schiller ein Gebäudes auf der Esplanade in Weimar. „Ich habe dieser Tage endlich einen alten Wunsch realisiert, ein eigenes Haus zu besitzen. Denn ich habe nun alle Gedanken an das Wegziehen von Weimar aufgegeben und denke hier zu leben und zu sterben“, schrieb er an seinen Verleger Georg Joachim Göschen. Obwohl sich Schiller ein enormes Arbeitspensum auferlegte, war seine Existenz als freier Schriftsteller alles andere als sorgenfrei. Die ewigen Schulden „verbittern mir das Leben“, klagte er. Auch das Haus, ein Bau aus dem Jahr 1777, das er nach seinen Vorstellungen renovieren ließ, hatte er nur dank hoher Schuldverschreibungen erwerben können.
Das Gebäude gliedert sich in drei Bereiche: Im Erdgeschoss lagen die Wirtschafträume, den ersten Stock bewohnte seine Frau Charlotte mit den vier Kindern, und im Dachgeschoss befand sich Schillers Reich. Im Empfangsraum begrüßte er Gäste aus nah und fern. Das angrenzende Gesellschaftszimmer war vorwiegend engeren Freunden vorbehalten - darunter Wilhelm von Humboldt und Johann Wolfgang von Goethe. Hier fand man sich zum Gespräch, Kartenspiel und Musizieren zusammen. Goethe, der ihn in Weimar zu seinem wichtigsten geistigen Gegenüber machte, war für den zehn Jahre jüngeren Schiller Freund, Unterstützer und Herausforderer zugleich.
Schillers Arbeitszimmer, in dem er auch seine letzten Lebensmonate verbrachte, ist der authentischste Raum des Hauses. Während andere Zimmer mit zeitgenössischem Mobiliar ergänzt wurden, blieb hier vieles im Original erhalten. Auf dem klassizistischen Schreibtisch aus Apfelbaumholz stehen Schillers Tischuhr und Schnupftabakdose. Von Johann Peter Eckermann wissen wir von der eigentümlichen Neigung des Dichters - er benötigte zur geistigen Stimulation den Geruch faulender Äpfel, die er in seiner Schreibtischschublade zu horten pflegte. Goethe soll bei Besuchen regelmäßig die Fenster aufgerissen haben. Die grün gemusterte Papiertapete ist originalgetreu rekonstruiert. Was damals niemand ahnte: Die grüne Farbe, in der sich bei Feuchtigkeit Arsen löste, dürfte Schillers ohnehin angeschlagene Gesundheit zusätzlich belastet haben - ein bitterer Kontrast zu seinem Lob der „Annehmlichkeiten einer bequemen und gesunden Wohnung.“
Schiller starb 1805 im Bett seines Arbeitszimmers an einer Lungenentzündung. Er wurde nur 45 Jahre alt. Goethe, der Krankheit und Tod panisch fürchtete, hatte nicht vermocht, Schiller in dessen letzten Tagen zu besuchen oder an der Bestattung teilzunehmen. Ich „verliere nun einen Freund und in demselben die Hälfte meines Daseins“, trauerte er um den Lebensbegleiter. Die Ergebnisse des Obduktionsberichts waren verheerend: „Bei diesen Umständen muss man sich wundern, wie der arme Mann so lange hat leben können.“
Friedrich Schiller wurde auf dem Jakobsfriedhof in Weimar bestattet, in einem Gemeinschaftsgrab für Adlige, die keine eigene Begräbnisstätte vorweisen konnten. Als man 1826 versuchte, seine Gebeine aus dem „Chaos von Moder und Fäulnis“ zu bergen, wurde ein Schädel identifiziert, der später zeitweise auf Goethes Schreibtisch stand. Inzwischen weiß man: weder Schädel noch Gebeine stammten von Schiller. So ruht Goethe, der 1832 in der herzoglichen Fürstengruft beigesetzt wurde, heute ahnungslos neben dem leeren Eichensarg seines Dichterfreundes.
Schon bald nach Schillers Tod wurde das Haus an der Esplanade zum Wallfahrtsort. Charlotte Schiller, bis zu ihrem Tod 1826 die Besitzerin, empfing die Verehrer: „Alle Nationen sind zu mir gekommen, um das Haus zu sehen“, schrieb sie in einem Brief. Sie „kamen zu mir und weinten mit mir.“ 1847 erwarb die Stadt Weimar das Gebäude - es wurde das erste Dichtermuseum Deutschlands.
„Und mein geflügelt Werkzeug ist das Wort.“ Diese Schillerworte sind auch dem Schiller-Nationalmuseum in Schillers Geburtsstadt Marbach am Neckar seit über einem Jahrhundert Verpflichtung. Es widmet sich der Bewahrung des Wortes - des Wortes Schillers, und des Wortes vieler anderer großer Meister der Sprache.