Theodor Storm
Husum, Deutschland
Foto: Wikimedia commons (Ausschnitt)
14.09.1817
04.07.1888
Husum, die „graue Stadt am Meer“, ist in der deutschen Literaturgeschichte untrennbar mit dem Namen Theodor Storm verbunden. Die norddeutsche Landschaft – Deiche, Marschland, das Meer und die im Nebel „wie Träume“ liegenden Inseln – bildet die poetische Kulisse vieler seiner Novellen und Gedichte.
In der friesischen Kleinstadt Husum in eine gutsituierte Familie hineingeboren, folgte Storm „ohne besondere Neigung“ den Fußspuren seines Vaters und wurde Jurist. Diesem Metier ging er viele Jahre lang nach. Daneben entstand sein literarisches Werk, das ihn zu einem der bedeutendsten Vertreter des Poetischen Realismus machte.
Doch Storms widerständige Haltung gegenüber der dänischen Herrschaft in Schleswig und Holstein brachte ihn in Konflikt mit den Behörden. Er war gezwungen, sein geliebtes Husum zu verlassen. Elf Jahre verbrachte er als Kreisrichter in Potsdam und im thüringischen Heiligenstadt. Erst 1864, nach der Annexion durch Preußen, konnte er als gewählter Landvogt nach Husum zurückkehren, um „in der alten treuen Heimat wieder das Nest zu bauen.“
Ein harter Einschnitt in seinem Leben war der Tod seiner ersten Frau Constanze im Jahr 1865, kurz nach der Geburt des siebten Kindes. Nach dem Trauerjahr wagte Storm mit seiner Jugendliebe Dorothea Jensen einen Neuanfang in der Wasserreihe 31. Dort kam 1868 sein achtes Kind zur Welt. Das ehemalige Kaufmannshaus aus dem 18. Jahrhundert liegt in einer idyllischen Gasse, nahe des Husumer Binnenhafens und der alten Bürgerhäuser am Markt. Zum Gebäude gehört ein kleines Gartengrundstück, dem der Pflanzenliebhaber Storm einst viel Pflege und Zeit widmete.
Im Erdgeschoss befand sich anfangs auch sein Amtszimmer, das heute wieder rekonstruiert ist. Später zog die Familie in den ersten Stock, während die unteren Räume vermietet wurden. Die Wohnstube, ausgestattet mit Biedermeiermöbeln und Tafelklavier, ist weitgehend im Originalzustand erhalten und vermittelt den behaglich-bürgerlichen Lebensstil des 19. Jahrhunderts. Hier fand auch der ritualisierte Vieruhr-Tee statt, zu dem sich Familie und Freunde einfanden, um dem Hausherrn zu lauschen, wenn er aus eigenen oder fremden Werken las. Das Tafelklavier, das „selten einen Tag unberührt“ blieb, war für den begeisterten Chorsänger Storm ein unverzichtbares Element im Tagesablauf. „Die Musik ist wieder, wie in früheren Zeiten, die Begleiterin meines Lebens“, schrieb er 1860 an seinen Vater.
Storms Arbeitszimmer im hinteren Teil des Hauses ließ er nach seinen Vorgaben gestalten - „mit geschnitzter Balkendecke, roten Wänden mit guten Kupferstichen, meiner selten reichen deutsch-poetischen Bibliothek in zwei Mahagoni-Bücherschränken" - denn so Storm: „Ich bedarf äußerlich der Enge, um innerlich ins Weite zu gehen“.
In der Tat pflegte er einen regen brieflichen und persönlichen Austausch mit Schriftstellerkollegen wie Gottfried Keller, Eduard Mörike, Theodor Mommsen und Theodor Fontane, der sich gerne über Storms „Husumerei“ amüsierte. In einem weiteren Zimmer ist heute der schwere Schreibtisch ausgestellt, ein Fangeschenk zu Storms 70. Geburtstag - verziert mit geschnitzten Holzeulen, ein Werk des jungen Emil Nolde.
1880 entschloss sich der Dichter, „seinen Kopf aus der Justizschlinge herauszuziehen“ und den Lebensabend in der Nähe seines Bruders im holsteinischen Hademarschen zu verbringen. Die Novelle „Der Schimmelreiter“ war bereits seiner fortschreitenden Krankheit abgerungen und blieb das letzte und zugleich bekannteste Werk Theodor Storms. Nicht ganz. Noch bekannter dürfte sein zeitlos schönes Weihnachtsgedicht „Knecht Ruprecht“ sein - mit dem unverkennbaren Stormschen Sprachklang: „Von drauß vom Walde komm ich her/Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr.“