Ferdinand II. von Portugal

Sintra, Portugal

Foto: Wikimedia commons (Ausschnitt)

Ein weiser Mann hat mit der Zeit zu gehen.

29.10.1816

15.12.1885

www.sintra-portugal.com

Ganz großes Kino – oder sollte man besser sagen: Ganz große Oper. Der Palácio Nacional da Pena verschlägt einem angesichts seiner Monströsität den Atem. Bonbonfarbene Fassaden und ein wirrer Architekturmix. So etwas kennt man eher aus Kinderbüchern oder Freizeitparks. Und in der Tat, der Bauherr Ferdinand II. von Portugal, auch  „Künstlerkönig“ (Rei Artista) genannt, machte seinem Architekten Eschwege die Vorgabe: Das Schloss sollte in seiner Wirkung an eine Oper erinnern.

Wilhelm Ludwig von Eschwege war eigentlich gar kein Architekt, sondern Geologe und Geograph. Er holte sich Bauideen bei den Rheinschlössern Stolzenfels und Rheinstein sowie beim Schloss Babelsberg, der Potsdamer Sommerresidenz des späteren Kaisers Wilhelm I.  Eine idealisierte mittelalterliche Burg schwebte den beiden Bauherren wohl vor, mit historisierenden Stilelementen der Gotik, Renaissance, Manuelinik sowie maurischen Einflüssen.

Als sich König Ferdinand II. 1838 entschied, auf einem Felsmassiv in den Bergen von Sintra seine neue Sommerresidenz zu errichten, stand hier nur die Ruine des Klosters Nossa Senhora da Pena. Er ließ die Reste, den doppelstöckigen Kreuzgang und die Kapelle, in das Schlossensemble integrieren. Das ehemalige Refektorium wurde kurzerhand in den Speisesaal der Königsfamilie umgewandelt, ganz im Sinne von Ferdinands Devise „ Ein weiser Mann hat mit der Zeit zu gehen.“ Sämtliche Innenräume des Palasts sind weitgehend original erhalten. Auch hier vermischen sich in der Art des Historismus verschiedene Stile. Vieles trägt die Handschrift Ferdinands, aber wohl auch die seiner ersten und die seiner zweiten Gemahlin.

Der 19-jährige Ferdinand aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha wurde 1836 auf Vermittlung seines Onkels, des belgischen Königs Leopold I., mit der 16-jährigen, damals bereits verwitweten Königin Maria II. von Portugal verheiratet. Nach portugiesischem Recht erhielt er erst 1837 nach der Geburt des ältesten Sohnes Pedro den Königstitel. Die Ehe zwischen den beiden scheint glücklich gewesen zu sein, elf Kinder gingen aus ihr hervor. Maria starb gerade mal 34 Jahre alt bei der Geburt ihres letzten Kindes. Zwei Jahre lang bis zur Volljährigkeit des Thronfolgers regierte Ferdinand in der Folge das Land. 1855 übernahm sein ältester Sohn Pedro die Regentschaft. Ferdinand, aller politischen Pflichten entledigt, konnte sich nun voll und ganz seinen künstlerischen Interessen widmen, der Malerei, der Musik, der Architektur sowie der Förderung von Wissenschaft, Kunst und Denkmalschutz. Als ihm 1862 nach dem Rückzug Ottos I. die griechische Königskrone angeboten wurde und 1869 sogar die spanische Königskrone, schlug er beide aus.

1860 verliebte sich der Witwer bei einer Lissabonner Opernaufführung in die 24-jährige Opernsängerin Elise Friederike Hensler. Sie wurde schon bald seine Geliebte und nach neun Jahren seine Ehefrau. Und damit die Unstandesgemäße gesellschaftlich einigermaßen rehabilitiert war, wurde ihr der Titel einer „Gräfin von Edla“ verliehen.

Das kunstsinnige Paar lebte auf Schloss Pena, umgeben von einem riesigen, märchenhaften Landschaftspark voll exotischer und heimischer Gewächse. Spätestens in diesem romantischen Zauberwald kann man die schwärmerischen Worte von Richard Strauss – Opernkomponist, natürlich – verstehen: „Ich bin nach Italien, Sizilien, Griechenland und Ägypten gereist, aber ich habe niemals irgendetwas gesehen, was Pena gleicht. Dies ist der wahre Garten Klingsors – und hier, oben darüber, ist die Burg des Heiligen Grals.“

Als Ferdinand 1885 starb, vermachte er das gesamte Anwesen seiner Gemahlin. Ein Affront. Bereits vier Jahre später musste die Witwe es an den portugiesischen Staat verkaufen. Heutzutage reißt der Besucherstrom zu Portugals Neuschwanstein, wie der Nationalpalast da Pena auch genannt wird, nicht ab, genauso wenig wie zu den exzentrischen Schlössern des Bayernkönigs Ludwig II. Der ließ sich nämlich rund zwanzig Jahre später für sein Schloss Neuschwanstein genau von diesem Nationalpalast da Pena inspirieren.