Hernán Cortés
Cuernavaca, Mexiko
Unser Vaterland ehren, unseren König verherrlichen und uns reich machen.1485
02.12.1547
Im Frühjahr 1519 betrat der Spanier Hernán Cortés erstmals aztekischen Boden. Mit elf Schiffen und einer etwa 500-köpfigen Mannschaft war er von Kuba aus auf eigene Faust zu einer Erkundungsfahrt Richtung Mittelamerika aufgebrochen. Den indigenen Einheimischen dort müssen die weißhäutigen Fremden mit ihren Pferden und Feuerwaffen wie Wesen von einem anderen Stern vorgekommen sein. Wer hätte in diesem Moment geahnt, dass es den Spaniern nach nur zweieinhalb Jahren gelingen würde, dieses mächtige Aztekenreich zu Fall zu bringen, das sich damals von der atlantischen Ostküste bis zur pazifischen Westküste des mittelamerikanischen Kontinents erstreckte.
Nachdem die Kunde von der Ankunft der Eindringlinge den aztekischen Herrscher Moctezuma II. (Montezuma) in dessen Hauptstadt Tenochtitlán erreicht hatte, ließ er die Spanier mit Gold, Edelsteinen und Federschmuck beschenken. Eine Geste des Friedens. Warum Moctezuma so handelte, bleibt bis heute ein Rätsel. Wollte er die wunderlichen Fremden mit diesen Gaben so schnell wie möglich wieder loswerden? Sah er in ihnen die Götter seiner Ahnen, deren Wiederkehr in den aztekischen Mythen prophezeit worden war? Oder war er einfach neugierig auf ihre Fremdartigkeit, in ruhiger Gewissheit, dass die Spanier ihm sowieso nicht gefährlich werden könnten? Denn natürlich wäre Moctezuma leicht in der Lage gewesen, diese kleine spanische Schar mit einem Schlag zu vernichten. Bestimmt hätte die Geschichte dann einen anderen Verlauf genommen.
Doch Cortés und seine Leute dachten nicht daran, den Rückzug anzutreten. Die prächtigen Geschenke hatten ihre Gier und ihren Ehrgeiz erst recht angestachelt. Da war es doch am besten, gleich das ganze offensichtlich wohlhabende Aztekenreich der spanischen Krone zu unterwerfen oder in den Worten von Cortés: „Unser Vaterland ehren, unseren König verherrlichen und uns reich machen.“ So rückten die Spanier weiter ins Landesinnere auf die Aztekenmetropole zu. Und was sie da dann zu Gesicht bekamen, verschlug ihnen den Atem. „Da waren wir bass erstaunt über dieses Zauberreich“, so der Chronist Bernal Díaz del Castillo. „Alles war so schön und anmutig, dass man sich gar nicht sattsehen konnte.“ Wie eine Fata Morgana muss ihnen Tenochtitlán erschienen sein, eine von einem flachen Salzsee umrahmte, schwimmende Insel, durchzogen von Straßen und Kanälen und durch Dämme mit dem Festland verbunden. Die Spanier waren fasziniert von diesem florierenden, wohlgeordneten Gemeinwesen.
Im November 1519 trafen Moctezuma und Cortés dort erstmals zusammen. Wieder reagierte das aztekische Oberhaupt gastfreundlich, gewährte den Fremden Zutritt und Unterkunft in seiner Stadt und beschenkte sie reichlich. Cortés schickte die schönsten Schmuckstücke voller Stolz ins spanische Heimatland. „Eure Majestät möge mir glauben, so phantastisch es sich wohl anhört, dass Moctezuma von allen Dingen, die es zu Wasser und zu Lande gibt, soweit sie ihm bekannt sind, getreue und vollkommene Abbilder besitzt, alle kunstvoll aus Gold, Silber, Edelgestein und Federstickerei gefertigt“, schwärmte er in einem Brief an Kaiser Karl V. Albrecht Dürer bekam 1520 in Brüssel die Gelegenheit, die aufsehenerregenden Schätze zu bestaunen und schrieb: „Habe all mein Lebtag nichts gesehen, das mein Herz also erfreuet hat.“
Monatelang hielten sich die Spanier in der aztekischen Hauptstadt auf. Doch irgendwann war ihr Kredit verbraucht, es kam zum Aufruhr. Die Azteken vertrieben die Spanier. Die mussten Hals über Kopf und unter hohen Verlusten aus der Stadt fliehen. Moctezuma, der von den Spaniern in Geiselhaft genommen worden war, kam unter ungeklärten Umständen in den Kämpfen ums Leben.
Cortés gab sich nicht geschlagen, sammelte neue Kräfte und vor allem neue Verbündete unter den indigenen Stämmen. Geschickt machte er sich zunutze, dass viele die Unterjochung unter die Azteken satt hatten und im spanischen Eroberungskampf eine Chance auf Befreiung von ihren Unterdrückern witterten. Zu den Tributzahlungen, die sie den Azteken zu leisten hatten, gehörten auch Menschen, die in grausamen Ritualen den Göttern geopfert wurden. Ihnen wurde bei lebendigem Leib das Herz herausgerissen. Menschenblut floss in Strömen um des Wohlwollens der aztekischen Götter willen.
Ein knappes Jahr später war es dann so weit. Die Spanier rückten erneut zusammen mit ihren indigenen Verbündeten auf Tenochtitlán vor, kappten die Verbindungen zum Festland und hungerten die Einwohner systematisch aus. Die aus Europa eingeschleppte Pockenepidemie, gegen die die Einheimischen keine Immunabwehr besaßen, tat ein Übriges. Im August 1521 hatten die Spanier die Azteken niedergemetzelt und die einst so prächtige Stadt dem Erdboden gleichgemacht. Auf den Ruinen von Tenochtitlán erbauten sie ihre neue Hauptstadt Mexico-Stadt.
Cortés, bald schon Generalgouverneur des mittelamerikanischen Kolonialreichs Neuspanien, feierte sich als Held, wohl wissend, dass ohne die Unterstützung der Einheimischen ein Sieg unmöglich gewesen wäre. Doch deren Hilfe sollte ihnen nichts nützen. Die spanischen Eroberer vernichteten systematisch die indigene Kultur, zerstörten die Tempel und Bildschriften und plünderten die Schätze. Cortés, mit dessen Beutegold Karl V. seine Kriege in Europa mitfinanziert hatte, wurde dem Kaiser schließlich zu mächtig und zu reich. 1535 ernannte Karl V. Antonio de Mendoza zum ersten Vizekönig von Neuspanien. Cortés, tief enttäuscht, verlor seine politische Macht, behielt aber weiterhin ein Recht auf militärische Eroberungen und Expeditionen.
Bereits 1526 hatte er in Cuernavaca auf den Ruinen eines indigenen zeremoniellen Platzes einen Palast für sich und seine zweite Ehefrau Juana de Zúniga errichten lassen. Der Ort war bekannt für seine Fruchtbarkeit und sein mildes Klima. In dieser damals reich ausgestatteten Residenz wurde auch sein Sohn Martin, der spätere Erbe, geboren. Der steinerne Palast in gotischem und Mudéjar-Stil war als Festung geplant mit Wachturm, dicken Mauern und Befestigungsanlagen zum Schutz vor indigenen Gruppen, die noch immer nicht vollständig besiegt waren.
Zur Zeit von Cortés war der Palast mit seinen beiden Galerien kleiner als heute. Im Laufe der Jahrhunderte wurde er erweitert und diente unter anderem als Gefängnis und Amtssitz. 1930 entstanden im Obergeschoss die Wandbilder des Malers Diego Rivera, auf denen die brutale spanische Eroberung und die Erniedrigung der Ureinwohner dargestellt wird. Heute beherbergt das Gebäude ein historisches Museum, in dem auch einige Exponate aus dem Besitz von Cortés zu sehen sind. Hernán Cortés starb 1547 im Alter von 62 Jahren auf seinem Landgut in Spanien.
Der Palast in Cuernavaca ist ein imposantes koloniales Machtsymbol. In Mexiko ist er das älteste erhaltene zivile Bauwerk aus der spanischen Eroberungsära. Aber auch die Azteken haben bleibende Spuren hinterlassen. Nicht nur ihre Wörter wie etwa Schokolade, Avocado oder Tomate sind in viele Sprachen eingegangen, auch der Landesname Mexiko leitet sich von ihnen ab, denn die Azteken nannten sich selbst „Mexica“. Auf der mexikanischen Staatsflagge lebt der Gründungsmythos der Azteken weiter: der Adler auf dem Kaktus mit einer Schlange im Schnabel.