Theodor Storm
Husum, Deutschland
Ich bedarf äußerlich der Enge, um innerlich ins Weite zu gehen.14.09.1817
04.07.1888
Husum, die „graue Stadt am Meer“, ist in der deutschen Literaturgeschichte untrennbar mit dem Namen Theodor Storm verbunden. Die Landschaften Norddeutschlands – die Deiche, das Marschland, das Meer, die Inseln, die „wie Träume“ im Nebel liegen – sind Schauplatz vieler seiner Novellen und Gedichte.
In der friesischen Kleinstadt Husum in eine gutsituierte Familie hineingeboren, folgte Storm „ohne besondere Neigung“ den Fußspuren seines Vaters und wurde Jurist. Diesem Metier ging er viele Jahre lang nach, daneben entstand sein literarisches Werk. Durch seine widerständige Haltung gegenüber der dänischen Herrschaft in Schleswig und Holstein war Storm gezwungen, sein geliebtes Husum zu verlassen. Elf Jahre verbrachte er in Potsdam und im thüringischen Heiligenstadt als Kreisrichter. Erst 1864 nach der Annexion durch Preußen konnte er als gewählter Landvogt nach Husum zurückkehren, um „in der alten treuen Heimat wieder das Nest zu bauen.“
Ein harter Bruch in seinem Leben war 1865 der Tod seiner ersten Frau Constanze kurz nach der Geburt des siebten Kindes. Nach dem Trauerjahr gelang Storm mit seiner Jugendliebe Dorothea Jensen ein Neuanfang in der Wasserreihe 31. Dort wurde 1868 sein achtes Kind geboren. Das ehemalige Kaufmannshaus aus dem 18. Jahrhundert liegt in einer idyllischen Husumer Gasse, nahe dem Binnenhafen und den alten Bürgerhäusern am Markt. Zum Haus gehört ein kleines Gartengrundstück, dem der Pflanzenliebhaber Storm viel Pflege und Zeit widmete.
Anfänglich war im Erdgeschoss auch sein heute wieder rekonstruiertes Amtszimmer untergebracht. Nach der Auflösung des Landvogt-Büros wurden die unteren Räume vermietet und die Familie zog in den ersten Stock. Die Wohnstube, ausgestattet mit Biedermeiermöbeln und Tafelklavier, ist weitgehend so erhalten wie zu Storms Zeit – ein Paradebeispiel für den behaglich-bürgerlichen Lebensstil des 19. Jahrhunderts. Dort fand auch der ritualisierte Vieruhr-Tee statt, zu dem sich Familie und Freunde einfanden, um dem aus seinen Werken vortragenden Hausherrn zu lauschen. Das Tafelklavier, das „selten einen Tag unberührt“ blieb, war für den begeisterten Chorsänger Storm ein wichtiges Element im Tagesablauf. „Die Musik ist wieder, wie in früheren Zeiten, die Begleiterin meines Lebens“, schrieb er 1860 an seinen Vater.
Storms Arbeitszimmer im rückwärtigen Teil des Gebäudes wurde nach seinen Vorgaben eingerichtet „mit geschnitzter Balkendecke, roten Wänden mit guten Kupferstichen, meiner selten reichen deutsch-poetischen Bibliothek in zwei Mahagoni-Bücherschränken“, denn so Storm: „Ich bedarf äußerlich der Enge, um innerlich ins Weite zu gehen“. In der Tat war er in regem brieflichen und persönlichen Austausch mit Schriftstellerkollegen aus Nah und Fern wie etwa Gottfried Keller, Eduard Mörike, Theodor Mommsen und auch dem weltläufigen Theodor Fontane, der sich gerne über Storms „Husumerei“ amüsierte. In einem anderen Zimmer ist der klobige Schreibtisch ausgestellt, ein Fangeschenk zu Storms 70. Geburtstag. Niemand anderer als der junge Emil Nolde hat die vier dekorativen Holzeulen geschnitzt.
1880 entschloss sich der Dichter, „seinen Kopf aus der Justizschlinge herauszuziehen“ und den Lebensabend in der Nähe seines Bruders im holsteinischen Hademarschen zu verbringen. Die Novelle „Der Schimmelreiter“ war bereits seiner fortschreitenden Krankheit abgerungen und blieb das letzte und zugleich bekannteste Werk Theodor Storms. Nicht ganz. Noch bekannter dürfte sein unverwüstlich schönes „Knecht Ruprecht“-Weihnachtsgedicht sein: „Von drauß vom Walde komm ich her/Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr.“